Warum globale Marken eine Schriftstrategie brauchen

Unternehmen stehen heute vor der Herausforderung, ihre Marken über immer mehr Kanäle, Sprachen und Regionen hinweg konsistent zu präsentieren. Während Farben und Logos klar definiert sind, bleibt ein zentrales Element oft unbeachtet: die Schrift.

Beschreibung

Typografie ist längst kein rein gestalterisches Thema mehr – sie ist ein strategischer Faktor für Markenwahrnehmung, Rechtssicherheit und Effizienz. Besonders in Organisationen mit komplexen Markenstrukturen spielt sie eine entscheidende Rolle.

Viele Marken, viele Schriften

In globalen Unternehmen wächst die Zahl der eingesetzten Schriften schnell: Jede Abteilung, jede Agentur, jedes Land nutzt eigene Lizenzen oder lokale Alternativen. Das führt zu einem Flickenteppich aus Schriftstilen, Lizenzmodellen und Verantwortlichkeiten.

Die Folgen:

  • Uneinheitliche Markenauftritte

  • Lizenzrisiken durch unklare Nutzung

  • Hoher Verwaltungsaufwand und jährlich steigende Kosten

Was zunächst wie gestalterische Vielfalt aussieht, wird schnell zu einem strukturellen Problem.

Einheit schaffen, ohne Individualität zu verlieren

Die Lösung liegt nicht in der Vereinheitlichung um jeden Preis, sondern in einer strategischen Schriftarchitektur, die Balance schafft zwischen Markenkonsistenz und Eigenständigkeit.

Das bedeutet:

  • Hauptmarke und Subbrands nutzen ein klares, ggf. gemeinsames typografisches System

  • Die Lizenzverwaltung erfolgt über eine zentrale Anlaufstelle im Unternehmen

  • Technische und rechtliche Anforderungen sind von Beginn an integriert

Eine klare Schriftstrategie schafft so den Rahmen, in dem Marken wachsen können – während sich meist die Anzahl verwendeter Schriften und damit auch die Lizenzkosten reduzieren lassen.

Vorgehen: Analyse, Bewertung, Strategie

Der erste Schritt ist die Bestandsaufnahme: Welche Schriften sind im Einsatz, wo werden sie verwendet, und unter welchen Bedingungen dürfen sie genutzt werden?

Darauf folgt die strategische Bewertung – nicht nur ästhetisch, sondern auch technisch und wirtschaftlich. Relevante Fragen dabei sind:

  • Erfüllt die Schrift alle funktionalen Anforderungen (z. B. Web, Office, Print und alle nötigen Sprachen bzw. Schriftsysteme)?

  • Wie wirken sich Lizenzmodelle langfristig auf Kosten und Nutzung aus?

  • Wie kann die Verwaltung zentralisiert werden, ohne die operative Flexibilität zu verlieren?

Oft zeigt sich dabei: Die einst gewählte Hausschrift deckt heutige technische und marktspezifische Anforderungen nicht mehr ab – ein Sammelsurium an Ausweichlösungen ist die Folge. Sie auf den Prüfstand zu stellen und zeitgemäße Alternativen zu evaluieren, ist dann längst überfällig.

Konsistenz, Klarheit und Zukunftsfähigkeit

Eine klare Schriftstrategie liefert messbare Vorteile:

  1. Markenstärkung: Ein konsistentes typografisches Erscheinungsbild erhöht Wiedererkennbarkeit und Vertrauen.

  2. Effizienz: Weniger Varianten bedeuten geringeren Aufwand in Gestaltung, Produktion und Lizenzverwaltung.

  3. Rechtssicherheit: Einheitliche Richtlinien und zentrale Verantwortung minimieren Risiken.

  4. Kosteneinsparung: Ein durchdachtes Hausschriftpaket umfasst nur die Schriftschnitte und Nutzungsumfänge, die das Unternehmen wirklich benötigt.

Eine durchdachte Schriftstrategie schafft also nicht nur Ordnung im Designsystem, sondern unterstützt aktiv die Unternehmensziele: von der Markenführung bis zur Effizienzsteigerung. Wer Typografie strategisch denkt, investiert in die Zukunftsfähigkeit seiner Marke.


Autor*innen:

Julia Schygulla und Patrick Marc Sommer verbinden Markenstrategie und Typografie mit einem klaren, fundierten Blick auf alle Touchpoints einer Marke. Gemeinsam mit einem internationalen Netzwerk aus Schriftentwickler*innen und Foundries begleiten sie Organisationen bei der Entwicklung zeitgemäßer Schriftarchitekturen. Sie analysieren, bewerten und strukturieren Schriftportfolios, um Marken konsistenter zu machen, Lizenzrisiken zu reduzieren und langfristig Kosten zu senken.

Patrick Marc Sommer 

ist Designer, systemischer Berater und Gründer von Typoint. Aufbauend auf seinem Hintergrund im Kommunikationsdesign und einer Ausbildung in systemischer Transformationsberatung arbeitet er heute an der Schnittstelle von Gestaltung, Strategie und kulturellem Wandel. Mit Typoint setzt er auf einen klaren Ansatz: Gestaltung von der Typografie her zu denken – für klare Kommunikation und starke Marken. Mitorganisator der »Ignite Talks – Inspiration and New Ideas for Tomorrow’s Evolution«.

Julia Schygulla 

ist Kommunikationsdesignerin und mit ihrem Büro für gesellschaftlich relevante Gestaltung freiberuflich tätig. Ihre Arbeit verbindet Grafik mit strategischem Denken und einem Gespür für nachhaltige Transformation. Sie engagiert sich für eine verantwortungsbewusste, inklusive Designkultur und lehrt aktuell im Fach Typografie und Corporate Design an der Hochschule Trier.

 

Leistungen

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